BGH legt Frage des „ewigen Widerrufsrechts“ dem EuGH vor
Der Gerichtshof der Europäischen Union („EuGH“) erhält erneut die Gelegenheit, sich mit der Auslegung der Richtlinie 2008/48/EG („Verbraucherkredit-Richtlinie“) zu befassen. In der Sache geht es darum, ob bei Darlehensverträgen, die in den Anwendungsbereich der Verbraucherkredit-Richtlinie fallen, ein Widerrufsrecht grenzenlos besteht, wenn der Darlehensvertrag nicht die erforderlichen Pflichtangaben enthält.
Der Bundesgerichtshof („BGH“) formuliert in seinem Beschluss vom 31.01.2022 die Vorlagefrage recht sperrig, nämlich ob Art. 14 Abs. 1 der Verbraucherkredit-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass es den nationalen Gerichten nicht verwehrt ist, im Einzelfall bei Vorliegen besonderer, über den bloßen Zeitablauf hinausgehender Umstände die Berufung des Verbrauchers auf sein wirksam ausgeübtes Widerrufsrecht als missbräuchlich oder betrügerisch zu bewerten mit der Folge, dass ihm die vorteilhaften Rechtsfolgen des Widerrufs versagt werden können.
Kontext der BGH-Entscheidung
Der sog. Widerrufsjoker beschäftigt die Gerichte bekanntlich schon seit Jahren. Nachdem zunächst Immobiliar-Darlehensverträge im Fokus standen, versuchen Verbraucher sich seit einiger Zeit vermehrt mit Verweis auf ein Widerrufsrecht auch noch Jahre nach Vertragsschluss von Darlehensverträgen zur Finanzierung eines PKW-Erwerbs zu lösen, auf. Vielfach sind Darlehensvertrag und PKW-Kaufvertrag miteinander verbundene Verträge im Sinne des § 358 BGB, so dass der wirksame Widerruf des Darlehensvertrags auch zu einer Lösung des Verbrauchers vom Kaufvertrag und damit zur Rückgabe des Fahrzeugs führt.
EuGH-Vorlage zum rechtsmissbräuchlichen Widerruf eines Verbraucherkreditvertrags
Wer einen verbundenen Verbraucherkreditvertrag solange bedient, bis die Sicherheiten freigegeben sind, und ihn dann wegen fehlender Pflichtangaben zum Verbraucherschutz widerruft, handelt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs rechtsmissbräuchlich. Denn damit werde einzig der finanzielle Vorteil durch die Rückabwicklung erstrebt. Die Frage, ob die Verbraucherkreditrichtlinie unter diesen Umständen eine Verweigerung des Widerrufsrechts dennoch erlaubt, legt der BGH dem EuGH vor.